Mittelelbisches Wörterbuch, Band 1 (A-G), Spalte 898
Ernekranz m. 1. ‘Gebinde aus Ähren, Feldblumen
und bunten Bändern’ 2: GA-Ka, 3: verstr. elbostf., 4:
verstr. anhalt. – sei hett den ernkranz ebrocht HA-Oh.
– Brauch (wie auch für  Ernekrne 1.): Der E. wurde
kurz nach dem Schneiden der letzten Halme aus den
Ähren aller geernteten Getreidearten (die z.T. aus den
zuletzt gebundenen Garben stammten) gebunden und oft
auch mit einem Spruch versehen. verstr. Auf eine Reich-
gabel (STE-Schö, Vk-Unterharzb 102, Vk-Anhalta 280)
oder Harke (Vk-Harz 8,79) gesteckt, führte man ihn auf
dem letzten, bunt geschmückten Erntewagen mit, der
unter dem Gesang der Mäher und Binderinnen das Feld
in Richtung des Dorfes verließ, das man dann einmal
durchfuhr. verstr. In anderen Fällen trug man den E. mit
Musikbegleitung durch das Dorf (Bewohner-Altm 2,273)
oder aber er wurde von einem Burschen auf einer Stange
getragen, der ihn vor jeder Bauernwirtschaft tanzen ließ
und dafür einen Schnaps erhielt (Wb-Ak 25). Gleich
nach der Ankunft auf dem Hof wurde der E. dem Bauern/
Gutsherrn in feierlicher Weise – umrahmt durch einen
Choral – durch den ersten Mäher oder dessen Frau (Vk-
Anhalta 281) bzw. einer Binderin (Vk-Unterharzb 102)
überreicht. verstr. Auf größeren Gütern erfolgte dies zu
einem späteren Zeitpunkt, z.B. zum Erntedankfest.
Bewohner-Altm 2,273, WE-Lan, Ackerbau-Anhalt 351,
Vk-Anhalta 281 f. Die dabei gesprochenen Verse (Ernte-
spruch, Erntekranzpredigt, Kranzbitte) trugen formelhaf-
ten Charakter:Heite bring’n mer ’n Aehrenkranz,
morjen die jebratene Jans,
Iwwermorgen das fette Schwein,
Drum wollen wir alle recht lustig sein!
Vk-Anhaltb 56 (DE-
Thu);
Ik bringe jüch den Kranz.
Hei is nich half, sondern ganz.
Hei is nich van Diestel un Dorn,
sondern van luter Winterkorn.
Vk-Altm 243 (um GA-Oeb).
Der E. fand einen Ehrenplatz im Haus des Bauern, vorw.
im Flur, wo er bis zur nächsten Ernte hing. verstr. Die[899]
Benennung E. ging auf die Feierlichkeiten während und
nach der Überreichung des E. über, s. 2. – 2. ‘das nicht-
kirchliche Erntefest’, Feierlichkeiten rings um die Über-
reichung von E. 1. und  Ernekrne nach dem Ab-
schluss der Getreideernte, 2: Bewohner-Altm 2,273,
OST-Ucht, vereinz. s Altm., verstr. mittleres JE2 mbrdb.,
3: verstr. w elbostf., verbr. ö elbostf., 4: verbr. omd. – d
ward orngrands jefaiord
BE-Il. – Brauch: An das unter
1. beschriebene Zeremoniell schloss sich der Festschmaus
an, bei dem Braten (von Schwein, Hammel oder Gans)
gereicht wurde (vgl. Ernebrde(n)). verstr. Dazu gab es
Hirse- oder Reisbrei (Vk-Anhalta 281), Kuchen und al-
koholische Getränke. verstr. Im Nharz. bestand das Es-
sen auch aus Kartoffelsalat und Schmorkohl. Vk-Unter-
harzb 103. Den Abschluss bildete ein Tanz auf der
Scheunentenne, dem Kornboden oder im Wirtshaus, den
der Bauer bzw. Gutsherr mit der Frau des ersten Mähers
eröffnete. verstr., vgl. bes. Bewohner-Altm 2,273 f., Wb-
Ak 25, Vk-Anhalta 281. In manchen Dörfern (bes. in
Anhalt) gab es ein gemeinsames Fest aller Bauernwirt-
schaften. Ein Wagen mit Musikanten fuhr an der Spitze,
dann folgten die Wagen der anderen Teilnehmer. Nach
einer Runde durch das Dorf hielt man am Gasthof, wo
sich an die Übergabe des Kranzes und die Dankesrede
eines Bauern Festmahl und Tanz anschlossen. Vk-
Anhaltb 55.  Aust Aust(e)br Austten Austköste Dag
(Verbdg.) Dankfest Erneball Ernebr Ernebrde(n)
Ernedankfest Ernedanz Ernefest Ernefer Erneköste
Ernekrne Ernemltt Ernemuske Ernesms Ernte-
gans Gdendl Hmelköste Hoferntekranz Holtschen-
ball Vergdendl
.
Lautf.: Ernekranz vereinz. mbrdb.; Arne- DE-Bo; Ehren- Brauch-
wAltm 98 (GA-Clü KloNeu), vereinz. n/w elbostf., WA-Re;
E’ern-, ern- HA-Oh Ost; Ehrn- WO-Dru, HA-NHa No, ver-
einz. mittleres elbostf., WE-Il Re, BE-KlMü; Ärne- ZE-Ro; Äh-
ren-, ëren-
WO-Ma, JE1-Da, verstr. ö elbostf. (außer nö), Wb-
Nharz 51, BLA-Ta, CA-Lö, verstr. KÖ, vereinz. w DE; Ährnkranz,
-s
(anhalt.: [rngrands]) WO-Ke Ri, JE1-GrLüb, GA-Nie,
vereinz. ö elbostf., BLA-Ti, verstr. anhalt.; Ihren- OSCH-Di;
Erntekranz OST-Ucht, vereinz. s Altm., verstr. mittleres JE2
mbrdb., GA-Dö Lock, vereinz. mittleres/sö elbostf., BA-Ha Schie,
vereinz. s CA; Ernt- STE-Sta Stei; Ernde- WA-Neu; Ärnte- WE-
Elb, DE-Je; Ährnde- GA-Ziep, BA-Re; Arnte-, [arndgrands]
ZE-Jü, verstr. w/mittleres anhalt.
Expandiere:
Lemma
Ernekranz
Grammatische Angabe
m.
Gliederung
1.
Bedeutung
‘Gebinde aus Ähren, Feldblumen und bunten Bändern’
Verbreitung
  • 2: GA-Ka
  • 3: verstr. elbostf.
  • 4: verstr. anhalt.
Belege
  • sei hett den ernkranz ebrocht HA-Oh.
  • Brauch (wie auch für  Ernekrne 1.): Der E. wurde kurz nach dem Schneiden der letzten Halme aus den Ähren aller geernteten Getreidearten (die z.T. aus den zuletzt gebundenen Garben stammten) gebunden und oft auch mit einem Spruch versehen. verstr. Auf eine Reichgabel (STE-Schö, Vk-Unterharzb 102, Vk-Anhalta 280) oder Harke (Vk-Harz 8,79) gesteckt, führte man ihn auf dem letzten, bunt geschmückten Erntewagen mit, der unter dem Gesang der Mäher und Binderinnen das Feld in Richtung des Dorfes verließ, das man dann einmal durchfuhr. verstr. In anderen Fällen trug man den E. mit Musikbegleitung durch das Dorf (Bewohner-Altm 2,273) oder aber er wurde von einem Burschen auf einer Stange getragen, der ihn vor jeder Bauernwirtschaft tanzen ließ und dafür einen Schnaps erhielt (Wb-Ak 25). Gleich nach der Ankunft auf dem Hof wurde der E. dem Bauern/ Gutsherrn in feierlicher Weise
  • umrahmt durch einen Choral
  • durch den ersten Mäher oder dessen Frau (Vk-Anhalta 281) bzw. einer Binderin (Vk-Unterharzb 102) überreicht. verstr. Auf größeren Gütern erfolgte dies zu einem späteren Zeitpunkt, z.B. zum Erntedankfest. Bewohner-Altm 2,273, WE-Lan, Ackerbau-Anhalt 351, Vk-Anhalta 281 f. Die dabei gesprochenen Verse (Erntespruch, Erntekranzpredigt, Kranzbitte) trugen formelhaften Charakter:Heite bring’n mer ’n Aehrenkranz,
    morjen die jebratene Jans,
    Iwwermorgen das fette Schwein,
    Drum wollen wir alle recht lustig sein!
    Vk-Anhaltb 56 (DE-
    Thu)
  • Ik bringe jüch den Kranz.
    Hei is nich half, sondern ganz.
    Hei is nich van Diestel un Dorn,
    sondern van luter Winterkorn.
    Vk-Altm 243 (um GA-Oeb).
    Der E. fand einen Ehrenplatz im Haus des Bauern, vorw. im Flur, wo er bis zur nächsten Ernte hing. verstr. Die Benennung E. ging auf die Feierlichkeiten während und nach der Überreichung des E. über, s. 2.
2.
Bedeutung
‘das nichtkirchliche Erntefest’, Feierlichkeiten rings um die Überreichung von E. 1. und  Ernekrne nach dem Abschluss der Getreideernte
Verbreitung
  • 2: Bewohner-Altm 2, 273, OST-Ucht, vereinz. s Altm., verstr. mittleres JE2 mbrdb.
  • 3: verstr. w elbostf., verbr. ö elbostf.
  • 4: verbr. omd.
Belege
  • d ward orngrands jefaiord BE-Il.
  • Brauch: An das unter 1. beschriebene Zeremoniell schloss sich der Festschmaus an, bei dem Braten (von Schwein, Hammel oder Gans) gereicht wurde (vgl. Ernebrde(n)). verstr. Dazu gab es Hirse- oder Reisbrei (Vk-Anhalta 281), Kuchen und alkoholische Getränke. verstr. Im Nharz. bestand das Essen auch aus Kartoffelsalat und Schmorkohl. Vk-Unterharzb 103. Den Abschluss bildete ein Tanz auf der Scheunentenne, dem Kornboden oder im Wirtshaus, den der Bauer bzw. Gutsherr mit der Frau des ersten Mähers eröffnete. verstr., vgl. bes. Bewohner-Altm 2,273 f., Wb-Ak 25, Vk-Anhalta 281. In manchen Dörfern (bes. in Anhalt) gab es ein gemeinsames Fest aller Bauernwirtschaften. Ein Wagen mit Musikanten fuhr an der Spitze, dann folgten die Wagen der anderen Teilnehmer. Nach einer Runde durch das Dorf hielt man am Gasthof, wo sich an die Übergabe des Kranzes und die Dankesrede eines Bauern Festmahl und Tanz anschlossen. Vk-Anhaltb 55.

Ernekranz