Kant(en) m. 1. ‘Anfangs- und Endstück des Brotes’ 1: verbr. nwaltm., 2: verbr. brdb., 3: verstr. elbostf., 4: verbr. anhalt. – dai Kand’n schmeckt am besd’n SA-Dä; en Gandn ess ich DE-Ca; Rda.: Dät schafft Känt, wenn Grotmutter luter Krum’ ät. gebraucht, wenn eine Unternehmung großen Gewinn einbringt, Bewohner-Altm 1,347. – Volksgl.: Der K. eines frisch anzuschneidenden Brotes darf nicht an Arme verschenkt werden, sonst gibt man auch den Segen aus dem Haus. Deshalb schneidet man den K. ab und gibt das nächste Stück. Abergl-Ma 233f. (GA-Mie, WO-Ir).  Brtkant(en) Brtknst Kanft Kippelkante Knaggel Knagge(n) Knwel Knst Ranft; Anfangsstück: Kusskanten Kussknst Lacheknst; Endstück: Knurrkant Knurrknst Schrknst Wneknst; die wichtigsten Synonyme s. Kt. – 2. dass. wie  Kante 5., 2: Id-Altm, Volksspr-Altm 91, Mda-Ze (verstr. ZE).
Lautf.: Kant vereinz. s Altm., verbr. mbrdb., verstr. n anhalt.; [gand] Mda-Fuhne 241 (verbr. anhalt.); Känt Bewohner-Altm 1,347, OST-Har, JE2-Alt Ge, JE1-Ih; Kanten verbr. nwaltm. Altm., vereinz. JE2 JE1, verstr. elbostf., vereinz. anhalt.; [kand] SA-Dä Rist, JE2-Scho; [gandn] verstr. anhalt.; Känt(e)n verbr. n nbrdb.; Dim.: Käntchen JE2-Bö, [gendn] verstr. n BE. – Etym.: wie Kante zu mndl. cant < afrz. cant ‘Ecke’, das seinerseits gall. Ursprungs ist, vgl. Kluge 231995,423., Teuchert 21972,287f. Zuss.: zu 1.: Kippelkante, Knurrkant, Kuss-.
Kerkgang m. 1. ‘Besuch des Gottesdienstes’ 3: HA-Oh, Klaus 1936,25. – 2. ‘Weg zur Kirche’ 3: HA-Oh. – 3. ‘der erste Gang zur Kirche, den die Mutter nach der Geburt mit dem Neugeborenen unternimmt’ 2: Bewohner-Altm 2,143, 3: Abergl-Ma 228 (WO-Ol), 4: Wb-Be – Wänne Sächswöcherin oer’n Kürchank hailt, dänn sünte Vadd’rn unnoch mr Frens mittegaon naode Kürche un hämmebt (haben gebetet). Dat hämmse recht hailiche holl’n. Abergl-Ma 228 (WO-Ol); Ouk is eyndrechtliken gewilkord bii eyner marck, dat eynes yowelken borgers frouwe to orem kinde, wen sie godt beraden hefft, noch to orem kerckgange nicht mehr frouwen schall bidden laten wen veir unde twintich frouwen … Willkür-Calbe 65.
Lautf.: Kirchgang HA-Oh; [korjak] Wb-Be; Kürchank Abergl-Ma 228; Kerchengang Klaus 1936,25.
Kpe f. 1. ‘geflochtener Behälter’ – a. ‘großer, viereckiger (auch halbrunder) Korb mit Schultergurten, der auf dem Rücken getragen wird’, darüber hinaus kann er auch ein oder zwei Henkel sowie vier Füße besitzen, 1: allg. nwaltm., 2: allg. brdb., 3: allg. n/ö elbostf., verbr. s elbostf., 4: Mda-Sti 158, BA-Ha, verbr. s CA BE, Wäschke 61920,2 – feif Keepen Zwetschen WE-Rho; inne Kpe hln se Tüffeln, Holt un wat s jefft JE2-Scho; Se hadde anne Kiepe ufn Ricken … Wäschke 61920,2; Rda.: t der kpe hukken ‘übertriebenen Aufwand betreiben’, auch ‘übermütig sein’ Wb-Nharz 97; ick bringe ne ganze Kiepe vull Niees (eine Menge Neuigkeiten) CA-Fö; hei verlrt dat Brt t der Kipe von jmdm., der einen Verlust erleidet, Wb-We 65; du hast dik nich bloß en’ Korf, nee, ne ganze Kiepe ehalt zu einem abgewiesenem Freier, CA-Fö; Vers: Wer keine Kiepe hat in’t Hus, Is arm, wie sönne Kirchenmus! Gorges 1938,18; 1 kiepen stockfische = 1 gr. Amt Coswig1566, Landreg-Anhalt 3,24. – K. wurden vorw. zum Transport von Obst, Gemüse, Lebensmitteln und Wäsche genutzt. Verbr. fanden sie auch bei den Schiffern, die darin ihre notwendigsten Sachen verstauten, wenn sie nach der Winterpause wieder an Bord gingen. Elbschifferspr. 403. – Volksgl.: War ein Kiepenverkäufer im Ort, so regnet es am gleichen oder am folgenden Tag. Abergl-Ma 248 (HA-NHa). Wer den Gurt beim Tragen der K. herabhängen lässt, entzieht einer Kuh die Milch. a.a.O. 246 (WO-Ol). Tritt eine Frau mit einer K. an das Bett eines neugeborenen Kindes, so nimmt es die Brust der Mutter nicht mehr an. Abergl-Altm 9, Bewohner-Altm 2,140.  Drgekpe Drgekorf Harzkpe Hucke Huckekpe Huckekorb Korf Mausekorb Sprkpe. – b. ‘korbartige Spantasche mit Henkel, in der das Essen mit auf das Feld genommen wird’,  Twelkpe, 3: verbr. s/sw elbostf., 4: BLA-Sti. – c. ‘kleiner Henkelkorb, in den die geernteten Kartoffeln gelegt werden’,  Kartuffelkorf, 4: verbr. BE KÖ, DE-Ca, Mda-Fuhne 158 (DE-Mei Scheu) – anne Gbe full Gardoffel’l DE-Ca. – d. ‘Bienenkorb’,  Immenkpe, nur im Rätsel:Twischen uns un Noawers Hus,
stät ‘n Kiep met Kläckermus.
2: SA-Meh.
– 2a. ‘Strohhut’, von den Frauen zum Schutz gegen die Sonne getragen, 3: Id-Queb 3. – 2b. ‘Haube’, scherzh., 3: Wb-Nharz 97. – 3. ‘Färberkessel’ 3: Id-Queb 3.
Lautf., Gram.: Kipe, Kiepe, [kp]; außerdem: Kiep, Kp allg. nbrdb.; Kiebe KÖ-Cör Grö; [gb] verbr. BE KÖ, Mda-Fuhne 158 (DE-Mei Scheu); Käipe WE-Rho, [kp] Mda-Gö/Is 131; Keepen Pl. WE-Rho. Zuss.: zu 1.: Häckerlings-, Kaff-, Kersen-; zu 1a.: Harz-, Hukke-; zu 1b.: Kwer-, Meier-; zu 1c.: Jren-, Lse-; zu 1d.: Immen-; sonstiges: Nl-.
külden Vb. ‘kalt werden lassen, ein Kältegefühl verursachen’ 2: Wb-Altm 96 und 120, Abergl-Ma 251 (GA-Ga), 3: vereinz. elbostf., 4: Wb-Be – en kolt Himme killt Id-Eilsa 71.
Lautf.: küll(e)n Wb-Altm 120, Wb-Holzl 130, HA-Oh, Wb-We 76; kill(e)n Wb-Altm 96, Abergl-Ma 251 (GA-Ga), Wb-Holzl 130, HA-Oh, Id-Eilsa 71, Wb-Nharz 96, Wb-Be.
Lffrendag m. ‘Mariä Verkündigung (25. März)’ 2: Abergl-Ma 249 (GA-Mie), 3: a.a.O. 249 (GA-Grau) – Brauch: Am Morgen des L. lief der Kuhhirt ins Horn blasend durch das Dorf und bot seine Dienste an. a.a.O. 249 (GA-Grau Mie).
Liebeskraut n. PflN (Tüpfel-Hartheu?) – Volksgl: Hatte ein Mädchen L. auf dem Feld gefunden und sich in das Oberteil ihres Kleides gesteckt, konnte sie vom Vornamen des Mannes, der ihr zuerst begegnete, auf den Namen ihres zukünftigen Mannes schließen. 3: Abergl-Ma 242 (WO-Ol).
Etym.: PflN mit Liebchen oder Liebes im 1. Kompositionsglied weisen auf Verwendung der Pflanze in Liebesorakeln hin, vgl. Wb-PflN 2,592 und 2,952.
1Ml n. 1a. allg. ‘Zeichen, Fleck’ 3: Id-Eilsa 77, Wb-We 85, 4: Mda-Sti 28. – 1b. ‘Zeichen, Fleck am menschlichen Körper, Mutter-, Brandmal’ 2: Wb-Altm 133, Abergl-Ma 252 (GA-Mie), 3: vereinz. elbostf., 4: Wb-Be – hei hat’n Ml HA-Oh. – Volksgl.: Um ein M. am Auge verschwinden zu lassen, soll man sich an ein Gewässer stellen und sprechen:Dat Moal un de Pol (Teich, kleines stehendes Gewässer)
De jing’n moal in de Schol,
De Pol de gewann,
Dat Moal dat verschwann.
Abergl-Ma 252 (GA-Mie).
– 1c. ‘Bild, Muster auf der Butter’ 3: Wb-We 85. – 2a. ‘Grenzzeichen, Grenzbaum’ 2: Wb-Altm* 63. – 2b. in der Verbdg.: knapp Ml ‘nicht allzu hoher, aber ausreichender Wasserstand’, Schifferspr., 2: Elbschifferspr. 395 (STE-Bit Tan, JE2-Mi Pa). – 3a. allg. ‘Freistätte, Ruheplatz, Ziel bei Spielen’ 2: Wb-Altm 133, JE1-Mö Ziep, 3: vereinz. elbostf., 4: CA-Ak – hr is ml Wb-Nharz 122. – 3b. ‘Freistätte beim Haschespiel’ verbr.  Anger Anslag Anslagstde Anslagstelle Anslott 2Bande Bann 2Bott 1Brke Brand Butz Erlf Erls Freilauf Fr Frbannt Frplatz Frslagstelle Frstatt Fle Gunst Hängeml Himmel Hinkeml Hoff Hle Hs Kelle Klingklang Klopperstn Kranz Land Lock Lf 1Mn Matt Palais Pand Pandhs Pandlock 2Pinke Re Redag rt Ruheaus Schd Slott Stand Stantum Tipp Tipp-Tipp Verbannt Verbanntkasten Verbott Vergunst Verlfnis Verlf(t) Verls. – 3c. ‘Freistätte beim Ballspiel’ 2: Wb-Altm 133, 3: HA-Oh.
Lautf.: Ma(a)l, [ml]; außerdem: Maol, [ml] verstr.; Mo(h) l, [ml] SA-Kö Pe Rie, OST-Kal Polk Ve, GA-Sche, JE1-Schw, vereinz. nthür.; Maoa, [ma] SA-Dre Ro; [mao] SA-Dä; Mau(o) SA-HDo; Moa vereinz. w nwaltm.; Moo SA-Die. – Gram.: f. vereinz. nwaltm.; Besonderheiten im Pl.: Malen Wb-We 85; Maol’n Wb-Altm* 63; Maon SA-Bon Ho Stei. Zuss.: zu 1.: Hänge-, Mark-, Mudder-, r-; zu 3.: Hänge-, Hinke-, Humpel-.
Mrendrücken n. dass. wie  Mr(e) 2., 2: Abergl-Ma 244 (GA-Mie), 3: vereinz. elbostf. – Volksgl.: Um sich vor M. zu schützen, muss man seine Schuhe so vor das Bett stellen, dass die Spitze eines Schuhs zum Bett und die Spitze des anderen Schuhs zur Tür weist (WO-Ol). Es hilft auch, wenn man das Kopfkissen wegwirft (GA-Mie). Abergl-Ma 244.
Lautf.: Mrtendrücken vereinz. elbostf.; Mao(r)t’n- Abergl-Ma 244 (GA-Mie); mrtendrikken Wb-Nharz 123.
Michal ohne Genus ’29. September’, Kalendertag des Erzengels Michael, verstr. – Um M. näherten sich die Arbeiten in der Landwirtschaft ihrem Ende: tau Micheilich sünt de Eppel rpe HA-Oh. Das Vieh wurde nicht mehr ausgetrieben. SA-Vi, Vk-Anhalta 283. In der Zeit um M. (14 Tage vor bis 14 Tage nach M.) wurde das Wintergetreide ausgesät. SA-Rist, Ackerbau-Anhalt 250, Vk-Anhalta 283. – Brauch: Zu M. wurden Abgaben entrichtet und das neue Pachtjahr begann: Zinsen, Pachte, Swinegeld Ausdeutung des Glockengeläuts zu M., OSCH-Krop; … un de veele Ackerpachte, de se alle Jahre tau Micheilig oder Martinig krejjen … Wedde 1938,46. Üblich waren auch Naturalabgaben an Lehrer und Pfarrer, z.B. Gänse (ZE-Na) oder Roggen (ZE-Mühl, KÖ-Wa, DE-Scheu). Vk-Anhalta 283. Das Gesinde konnte den Dienst wechseln (verbr.):Ach du liebe Seele, morgen ist Michele,
Ach du lieber Gott, morgen muß ich fort.
Vk-Anhaltb 64
(ZE-Na).
Da M. als eine Art Erntedankfesttag angesehen wurde (Vk-Anhalta 283), fanden auch Tanzveranstaltungen statt. Tanzlied:Michäilich, Michäilich,
All wedd’r Michäilich,
Eerst gistern Michäilich.
Abergl-Ma 248 (GA-Mie).
– Volksgl: Wer die Heiligkeit des Tages durch Arbeiten auf dem Feld störte, hatte keine gute Ernte zu erwarten. Volksfeste-Altm 296, Vk-Anhalta 283. Auch Arbeiten mit dem Gespann sollten unterbleiben. SA-De. Knechte und Mägde suchten auf fremden Grundstücken am Morgen Futter, bes. Grünkohlköpfe, (SA-De), um das Vieh vor Verzauberung zu schützen. SA-Pre. Die Hexen ziehen in der Nacht zu M. zum Blocksberg. Abergl-Ma 248 (GA-Mie).
Lautf.: Michaeli OSCH-Krop; Michéeli CA-Fö; Michele JE2-Hü Wo, Vk-Anhaltb 64 (ZE-Gri Na), Michle Wb-Ak 113; Michaelis verstr.; Micheilig, -ich vereinz. elbostf.; Michheilij HA-Bee; Micháilich Wb-Holzl 141, Wb-We* 226; Michäilich Abergl-Ma 248 (GA-Mie); Michlig Wb-Altm 137; [mili] SA-Rist, michlich Wb-Nharz 126; [miáylij] Nd-Börde § 57; Michlije Mda-Sti 127, Micheelije Firmenich o.J. 159 (WA-Ost).